Rezension: „Endspielstrategie für Siegertypen“

Der Hauptautor Reinhold Ripperger und seine zwei Co-Autoren Hendrik Tabatt und Dr. Mario Ziegler sind erfahrene Schachtrainer. Sie liefern mit diesem Buch eine Gemeinschaftsarbeit ab, die durchaus als umfassend und gewissenhaft bezeichnet werden darf, denn ihre Analysen halten jeder Überprüfung Stand.

Die Autoren gliedern ihr Buch in die vier Kapitel „Grundlagen“, „Prinzipien“, „Der Wert der Steine“ und „Die Stellungstransformation“, die jeweils wiederum in verschiedene Unterkapitel mit weiteren Abschnitten unterteilt sind. Eingerahmt wird das Buch mit einem Vorwort von Reinhold Ripperger und einem abschließenden Verzeichnis der zitierten Quellen. Der Rücktitel beschreibt das Buch in zutreffender Weise.

Dieses Buch wird Ihr schachliches Denken verändern! Die Schachweltmeister waren ausnahmslos große Endspielexperten! Das lässt den Schluss zu, dass eine profunde Kenntnis der letzten Partiephase zu einer hohen Spielstärke führt.Wer früher als der Gegner im Mittelspiel erkennt, in welches Endspiel abgewickelt werden muss, erzielt einen gewinnbringenden Vorteil. Dieses Buch räumt mit dem weit verbreiteten Vorurteil auf, dass Endspieltraining langweilig ist.

Anhand von mehr als 150 ausgesuchten Partiebeispielen werden zunächst Prinzipien wie „Der Kampf um die Initiative“, „Die Prophylaxe“, „Die Zentralisierung des Königs“ und „Die zweite Schwäche“ erläutert. Dann wird die Frage aufgeworfen, wie sich der Wert der Steine im Verlauf der Partie verändert. In diesem Abschnitt werden Themen wie „Das Läuferpaar im Endspiel“, „Der Freibauer“ oder „Die Dame gegen andere Steine“ zur Sprache gebracht. Schließlich wird im Abschnitt Stellungstransformation demonstriert, wie ein errungener Vorteil umgewandelt oder ausgebaut wird.

Es geht in diesem Buch um die Fähigkeit, eine exakte Stellungsbeurteilung zu erstellen, positionelle Muster zu erkennen und den richtigen Plan abzuleiten. Der Leser bekommt wertvolle Tipps zum Thema Schachpsychologie und über das Verhalten in der letzten Partiephase. Insgesamt haben die Autoren 154 Partien untersucht und dabei das Spektrum sehr weit gestreut: Es reicht von Schachweltmeisterpartien bis hin zu eigenen Partien, wobei Hendrik Tabatt sich sogar nicht scheut, eine eigene Verlustpartie an das Ende des Buchs zu setzen. Kompliment! Er zeigt das Remisangebot seines Gegners, das er aber ablehnte, um am Schluss gar zu verlieren. Warum er verlor, das schildert er mit ausführlichen Worten im Buch.

Diese Partie ist allerdings nicht typisch für das Buch. Oft setzt die Kommentierung schon direkt nach der Eröffnung einer Partie ein, so dass auch schon einmal mehr als 60 Züge zu verfolgen sind, und von Philosophie ist nur ein einziges Mal die Rede: Messerscharfe Analysen stehen im Mittelpunkt. Das Mittelspiel kommt in diesem Buch auch nicht zu kurz. Wenn der Leser es genau nimmt und das Buch intensiv studiert, dann ist ein jahrelanges Studium erforderlich, wenn Schach nicht seine tägliche Arbeit ist, denn das Buch fordert wegen der Tiefe der Gedanken sehr viel Zeit und Anstrengung.

Jeder Vereinsspieler wird seine Freude daran haben, das Engagement der Autoren nachzuempfinden. Man spürt geradezu ihre Begeisterung für das Auffinden letzter Raffinessen im Endspiel. Das Buch ist daher sehr empfehlenswert.

Gerhard Josten, Rochade Europa , 2/2008 , S.59

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